Diagnostik Kongress, Zürich
Der Diagnostik Kongress der fortbildungROSENBERG fand im Hotel Marriott in Zürich statt. Namhafte Referenten aus Universität und Privatpraxis präsentierten den über 300 TeilnehmerInnen ein breites Spektrum aktueller Diagnoseverfahren aus den unterschiedlichen zahnmedizinischen Fachgebieten.
Am Freitag Nachmittag freute sich PD Dr. Andreas Bindl (Universität Zürich), die zahlreichen TeilnehmerInnen begrüssen zu dürfen. Charmant gab er einen Überblick, was sie zu erwarten haben: Eine breite Palette an unterschiedlichen Methoden zur Diagnosefindung, von der klinischen Untersuchung mittels Sonde bis hin zur digitalen Volumentomographie.
Dr. Dr. Heinz-Theo Lübbers (Universität Zürich) erläuterte in seinem ersten Referat die Wichtigkeit einer adäquaten Dokumentation in der Zahnarztpraxis. Später am Nachmittag hinterfragte er in einem weiteren Beitrag zur zahnärztlichen Radiologie kritisch die Möglichkeiten des konventionellen und des digitalen Röntgens. Frau Dr. Carola Imfeld (Universität Zürich) zeigte Interessantes zur Diagnose von nichtkariösen Zahnhartsubstanzdefekten, gefolgt von Prof. Dr. Jens Türp (Universität Basel), der über die diagnostischen Möglichkeiten von Okklusion und Funktion referierte. Eine spannende Übersicht über die modernen diagnostischen Hilfsmittel in der Endodontie gab Prof. Dr. Roland Weiger (Universität Basel). Dr. Dr. Dominik Ettlin (Universität Zürich) erläuterte Wissenswertes über die Zeitmustererkennung bei der Diagnostik orofazialer Schmerzen. Nach dem Vortrag von Dr. Dr. odont. Marc Schätzle (Universität Zürich) über Massnahmen zur Bestimmung der kieferorthopädischen Möglichkeiten konnten sich die Teilnehmenden in der angeregten Schlussdiskussion austauschen.
Den Samstag eröffnete PD Dr. Michael Bornstein (Universität Bern), der für seinen Vortrag zur Diagnostik in der oralen Medizin einige spannende Aspekte für die Zahnärzte in der Privatpraxis herausgepickt hatte. Er betonte, dass neben der Therapie von Mundschleimhaut-Erkrankungen auch immer mehr die Prävention an Bedeutung gewinnt, denn in der heutigen Zeit wird das Zahnarztteam immer mehr zum medizinischen Dienstleister “oral physician”. Die Gingiva ist ein Prädilektionsort für die Manifestation systemischer Erkrankungen, daher muss im Rahmen eines opportunistischen Screenings bei allen Patienten mit Risikofaktoren eine stomatologische Untersuchung erfolgen. Als Hauptmerkmale werden Farb- und Volumenveränderungen untersucht und dokumentiert. Daraus lässt sich oft schon schliessen, worum es sich handeln könnte. Zwar gibt es in der oralen Medizin eher wenig genetische Krankheiten, trotzdem ist es wichtig, diese via Familienanamnese zu ermitteln. Als Beispiel für die neuen Techniken zur Visualisierung von Mundschleimhauterkrankungen stellte Dr. Bornstein die Veloscope Lampe vor. Unter ihr strahlt gesunde Schleimhaut grün zurück, während kranke schwarz bleibt. Ganz ausgereift sind diese Techniken noch nicht, so bleibt doch bei der Veloscope Lampe ein Grossteil der gesunden Zunge schwarz. Auch ist die Notwendigkeit solcher technischen Hilfsmittel fraglich, denn die meisten Befunde würde man auch ohne sie erkennen. Die altbekannten Inzisions- und Exzisionsbiopsien gehören ganz klar zu den gängigen Standardverfahren. Die von den Patienten geschätzte (weil nicht invasiv) Bürstenbiopsie ist nur in ausgewählten Fällen sinnvoll. Zwar sind hier Untersuchungen der Zytopathologie und DNA-Zytometrie möglich, doch hat man im Vergleich zu den klassischen Inzisions- und Exzisionsbiopsien nur einen Bruchteil an Zellmaterial und kann nur einen viel geringeren Ausschnitt an Schleimhaut nach Veränderungen untersuchen. Wichtig war ihm auch, den Teilnehmenden zu vermitteln, dass sie sich nicht scheuen sollen, die Patienten zu einem Spezialisten zu überweisen, sollten sie ein unsicheres Gefühl oder z.B. therapieresistente Befunde haben.
Für die Dermatologen, so Dr. Martin Kägi (Hautzentrum Zürich), gehört die Untersuchung der Mundhöhle zum Standardrepertoir. Dabei ist es wichtig zu wissen, welche Besonderheiten der Mundschleimhaut keinen Krankheitswert haben, wie z.B. Wangensaumlinie, heterotope Talgdrüsen, Epstein-Epithelperlen, Lingua plicata und Exfoliato areata linguae.
Dr. Stefan Hänni (Universität Bern) sprach über das Cracked Tooth Syndrom. Obwohl Zähne hohe physiologische Kräfte gut verkraften können, haben sie Mühe, unphysiologische Kräfte wie z.B. durch akzidentelles oder okklusales Trauma auszuhalten. Aber nicht jeder Zahn ist gleich frakturgefährdet. So sind Unterkiefermolaren deutlich gefährdeter als Oberkiefermolaren. Oberkieferprämolaren sind schon deutlich weniger gefährdet als Oberkiefermolaren, Unterkieferprämolaren sind kaum gefährdet. Bei Männern und Frauen kommen solche Infraktionen ungefähr gleich häufig vor, allerdings gibt es eine Häufung nach dem 40. Lebensjahr. Das klassische Symptom des Cracked Tooth Syndrom ist ein kurzer, plötzlicher Aufbissschmerz. Oft sind die Patienten nicht in der Lage, den genauen Zahn zu lokalisieren. Wenn man nicht will, dass aus einem Cracked Tooth ein Split Tooth wird, sollte man therapieren. Therapieziele sind: Ausbreitung der Frakturlinie stoppen, Beschwerdefreiheit des Patienten und Vitalerhaltung der Pulpa. Beim Cracked Tooth Syndrom verläuft die Fraktur von koronal nach apikal, bei der Wurzellängsfraktur hingegen genau umgekehrt. Bei beiden muss sehr sorgfältig Millimeter für Millimeter sondiert werden, da der Knocheneinbruch z.T. nur sondenbreit ist.
PD Dr. Andreas Bindl (Universität Zürich) gab eine Übersicht über die Indikationen des 3D-Röntgens und stellte in Aussicht, dass in 50 – 60 Jahren wohl alles mit DVT gemacht werden wird, weil die Strahlenbelastung und die Kosten sinken werden. Dr. Gabriel Krastl (Universität Basel) referierte über die diagnostischen Massnahmen in der dentalen Traumatologie. Er erinnerte die TeilnehmerInnen daran, wie wichtig es ist, im Rahmen der Befundaufnahme alle Verletzungen zu erfassen und übersichtlich zu dokumentieren. PD Dr. Till Göhring (Universität Zürich) hinterfragte kritisch , ob die klassische Kariesdiagnostik durch moderne Geräte ersetzt werden kann. Dank der heutzutage oftmals guten Fluoridprophylase findet man vermehrt Karies unter intaktem Schmelz. Moderne Verfahren wie z.B. die Fluoreszenzmessung helfen hier bei der Diagnostik. Dabei fluoreszieren Porphyrienderivate (Stoffwechselprodukte der Bakterien) rot, was dann je nach Intensität als Mass für die bakterielle Aktivität gewertet werden kann. In Zukunft werden solche Verfahren auch während der Behandlung selbst einsetzbar sein und die Entscheidung erleichtern zu erkennen, was kariös ist und was nicht. Weil alle Füllungsmaterialen unterschiedlich fluoreszieren, stösst die Fluoreszenzmessung bei der Diagnose von Sekundärkaries jedoch an ihre Grenzen. Die modernen Geräte werden die klassische Kariesdiagnostik also nicht ablösen, sie werden in Zukunft aber immer mehr als willkommene Helfer eingesetzt werden. Dieser lehrreiche Vormittag wurde durch Prof. Dr. Dr. Edmund Rose (Universität Freiburg/ Privatpraxis Dietikon) mit seinem unterhaltsamen Vortrag über die Diagnostik von Schnarchen und Schlafapnoe beendet. Er betonte, wie wichtig es ist, schnarchenden Patienten nicht nur eine Schnarchschiene zu verschreiben, sondern sie auch bezüglich Schlafapnoe untersuchen zu lassen. Eine solche Schiene kann das Schnarchen zwar bessern, die Schlafapnoe kann sich aber trotzdem unbemerkt verschlechtern. Aufgabe des Zahnarztes ist es zudem, genau zu evaluieren, ob der Patient überhaupt genügend parodontal gesunde Zähne hat, um eine solche Schnarchschiene tragen zu können. Als Mindestanforderungen gelten 10 parodontal gesunde Zähne im Ober- und im Unterkiefer und keine Freiendsituation.
Am Nachmittag gab PD Dr. Patrick Schmidlin (Universität Zürich) den Teilnehmenden ein Update in der parodontalen Diagnostik. In seinen 2. Beitrag ging er auf die Möglichkeiten von mikrobiologischen Tests als diagnostisches Tool ein. Laut einer Studie von Mombelli kann anhand der vorhandenen Bakterien nicht abgeschätzt werden, ob es sich um eine chronische oder um eine aggressive Parodontitis handelt. Die Basis in der parodontalen Diagnostik wird also gleich bleiben, fakultativ können Zusatzuntersuchungen durchgeführt werden. PD Dr. Matthias Zehnder (Universität Zürich) ging auf das diagnostische Dilemma der Paro-Ende-Läsion oder Endo-Paro-Läsion ein. Prof. Dr. Urs Brägger (Universität Bern) referierte über die Diagnostik in der Implantologie. Dr. Konrad Meyenberg (Privatpraxis Zürich) beendete diesen gelungenen Kongress mit einer interessanten Übersicht zur Diagnostik in der Prothetik.